Der Verlag Munk (1857 - 1938)

Der Kunstverlag Munk ging auf Markus Munk zurück, der 1857 eine Papierhandlung und fünf Jahre Später eine kleine Buchdruckerei gründete. Seit 1893 als in der Rechtsform OHG.

Er legte Wert auf gut gestaltete Drucksorten und beteiligte sich als einer der wenigen österreichischen Firmeninhaber am Internationalen Musteraustausch.

Ab 1907 zeichneten Markus und Hugo Munk als Inhaber des Unternehmens, ab 1911 war Hugo Munk Alleininhaber.

1916 verfügte man über Buch, Stein, Kupfer Lichtdruck und Heliogravüreabteilungen, eine Ätzerei und Kunstprägerei, betrieb einen Kunstverlag und erzeiugte neben gediegenen Akzidenzen vor allem Kunstblätter und Kalender. Arbeitete also entlang einer ähnlichen Linie wie die Firma Rosenbaum.

Hervorragende Drucke sind .z.B. die bibliophile Ausgabe von Mörikes Mozart auf der Reise nach Prag mit mehrfarbigem Buchschmuck von Heinrich Lefler, oder der Märchenkalender für 1905 mit ganzseitigen Bildern von H. Lefler und J. Urban

(ZItiert nach : Die österreichischen graphischen Unterrnehmungen zwischen Revolution und Weltliiteratur,

1848 bis 1918-, Bd II , Durstmüller & Frank) WHK Bibliothek IV 12.000

Eigene Recherche lt WK ZählBlättern :

Es gibt einen Steindruck in 1020, Odeongasse 6

Ein Geschäft Am Graben 12

Ein Geschäft Stephansplatz 11

Auch unter Markus Munk zeitweise Wollzeile 1

Markus Munk geb. 1827 in Holleschau, Mähren, gestorben vermutlich 1916.

Ein Standort für Gemischtwarenhandel war auch in 1010 Wien, Johannesgasse 22.
Markus Munk ist als Inhaber der Fa M.Munk angeblich abgemeldet (1930).


Wirtschaftshistorisches (Quelle: Stadtbibliothek Wien - online):

Die "Druck- und Verlagsgesellschaft Wiener graphische Werkstätte", wie
die Firma im vollen Wortlaut hieß, war eine der ehrgeizigsten
Neugründungen der unmittelbaren Nachkriegszeit mit Schwergewicht auf
moderner österreichischer Literatur. Sie hat es dem Ehrgeiz eines
anderen zu "verdanken", dass sie nicht allzu lange im Geschäft blieb.
Ihr Schicksal ist nämlich mit dem unheimlichen Abgang eines
Finanzmagnaten verknüpft, der meinte, ihm müsse jede Papierfabrik und
jeder Qualitätsverlag im Lande gehören, nämlich *Richard Kola*. Die Zahl
der Firmenleichen bzw. Beinahe-Leichen, die mit Kolas Finanzgenie und
Finanzimperium untrennbar verbunden sind, ist Legion: Brüder Rosenbaum,
Ilf-Verlag, Rikola-Verlag, Musarion Verlag, Verlag Neuer Graphik,
Elbemühl, Waldheim-Eberle, Gesellschaft für graphische Industrie u.a.
*Durch den Aufkauf dieser Firmen und anderer wie der Buch- und
Steindruckerei M. Munk verstand es Kola*, den Literaturbetrieb zu dessen
Ungunsten in das Börsentreiben und in die Spekulation
hineinzumanövrieren. Nicht zufällig musste eine Reihe von Firmen, für
die das oberste Gebot erstklassige Buchausstattung war, den Betrieb
einstellen.

Kurz vor Jahresende 1918 kamen der Verlagskonzessionsinhaber und
Kaufmann Adolf Platzer[2] und der Mitbesitzer der renommierten Buch- und
Kunstdruckerei "Jordan & Kalkus", Hans Jordan[3] (11.11.1891-14.7.1958),
zusammen, um die Firma "Druck- und Verlagsgesellschaft Wiener graphische
Werkstätte" zu gründen. Die erste Direktion befand sich in Wien VII.,
Kaiserstraße 45.

Gegenstand des Unternehmens war laut Gesellschaftsvertrag vom 28.
Dezember 1918 (Art. IV) der Druck und Verlag von literarischen und
artistischen Erzeugnissen nach Maßgabe der von den Gesellschaftern
eingebrachten und allenfalls zu erweiternden gewerbebehördlichen
Konzessionen. Die Herren Adolf Platzer, Hans Jordan, Hugo Schmidt, und
Hans Schreier brachten eine Sacheinlage in das neue Unternehmen ein, die
in Form einer bis dahin gemeinsam betriebenen Druckerei in der Wiener
Biberstraße 26 etwa zwei Drittel des Gründungskapitals von ca. 101.000
Kronen betrug. Außerdem steuerte Jordan die Druckereikonzession plus
einer Sacheinlage aus der Buch- und Kunstdruckerei Jordan & Kalkus bei.
Eine weitere Gesellschafterin, Frl. Charlotte Serebrenik, Beamtin in
Wien, beteiligte sich mit einer Barzahlung von 30.000 Kronen an der
Gründung.

Der Geschäftsführer Adolf Platzer ließ seine Mühewaltung laut
Gesellschaftsvertrag mit monatlich vorläufig 1.000 Kronen abgelten,
während Partner Hans Jordan etwa 900 Kronen zustanden. Beide Bezüge
nehmen sich gegenüber den 4.000 Kronen bescheiden aus, die sich der
Geschäftsführer des etwa zur gleichen Zeit gegründeten "Donau Verlags"
ausbedungen hatte.

Die Druck- und Verlagsgesellschaft "Wiener graphische Werkstätte" stieg
aber nicht gleich in das Verlagsgeschäft ein, denn die graphische
Erzeugung von Ansichtskarten bildete zunächst einen Hauptzweig des
Betriebs. Diese Ansichtskarten sollten ebenso wie die anderen
graphischen Erzeugnisse die Wiener Eigenart, das typische Wiener Genre
und den Wiener Geschmack in der graphischen Darstellung zum Ausdruck
bringen. Geplant war, in den Anfangsstadien Erzeugnisse vorzugsweise ins
Ausland zu exportieren. Zu diesem Zweck wurden wertvolle Beziehungen
sowohl in der Schweiz als auch in den skandinavischen Ländern angeknüpft.

Doch der erste Schritt nach Errichtung des Gesellschaftsvertrags war die
Einholung der behördlichen Genehmigung. Und damit begannen die
Schwierigkeiten. Am 20. Februar 1919 vermeldete das
Deutschösterreichische Staatsamt des Innern, dass gegen die Eintragung
dieser Gesellschaft m.b.H. keine Einwände bestünden. Nun aber legte sich
eine weitere, üblicherweise mit solchen Fragen befasste Instanz - die
Handels- und Gewerbekammer - in einem Schreiben vom 7.4.1919 quer. Das
Problem lag in der gewünschten Firmabzeichnung. In einer routinemäßigen
gutachtlichen Äußerung zum Firmwortlaut wurden nämlich Bedenken erhoben:
Der Firmwortlaut entspreche zwar nach Umfang und Gegenstand des Betriebs
den tatsächlichen Verhältnissen,

Doch erlaubt sich die Kammer darauf aufmerksam zu machen, dass der
Passus ‚Wiener graphische Werkstätte' leicht in Kollisionen mit der
weltbekannten ‚Wiener Werkstätte' führen könnte.

Das geplante Unternehmen wird sich vorzugsweise mit dem Verlag von
künstlerischen Ansichts-Postkarten befassen, ein(em) Erwerbszweig, den
die "Wiener Werkstätte" ebenfalls in ihrem Betrieb aufgenommen hat,
wodurch eine teilweise Identität des Tätigkeitsgebietes gegeben
erscheint.[4]

Freilich ließen es Platzer und Jordan nicht dabei bewenden - ebenso
wenig, wie die "Wiener Werkstätte" kurz davor, die gegen die
Protokollierung der ähnlich lautenden "Wiener Wäschewerkstätte"
erfolglos gekämpft hatte. Platzer und Jordan argumentierten dahingehend,
dass die Befürchtungen und Bedenken der Handels- und Gewerbekammer
größtenteils unbegründet seien, zumal der Vertrieb von Ansichtskarten
einen verschwindend kleinen Bruchteil des geschäftlichen Umsatzes der
"Wiener Werkstätte" bildete. Vielmehr habe die "Wiener Werkstätte" gar
keine Konzession, welche sie berechtigen würde, das graphische Gewerbe
auszuüben, und insoweit sie sich mit Ansichtskarten beschäftige, müsse
sie sich ohnehin auf deren handelsmäßigen Vertrieb beschränken und die
graphischen Erzeugnisse durch andere Unternehmen bewerkstelligen. Hinzu
komme noch, dass beide Unternehmungen in ihrem Betriebsgegenstand
wesentlich verschieden seien.

Die Kammer gab dann schließlich am 19.5.1919 - also fast fünf Monate
nach der "Gründung" des neuen Unternehmens - etwas nach. Zwar bestünden
gegen das Wort "Wiener" im angestrebten Wortlaut keine Bedenken mehr,
doch beharrte die Kammer weiterhin auf der Befürchtung, dass wegen des
vermeintlich gleichen Betriebsgegenstands der Firmwortlaut zu
Verwechslungen mit der "Wiener Werkstätte" Anlass geben könnte. Sie
schlug vor, das Wort "Werkstätte" durch eine andere Bezeichnung zu
ersetzen. Im Juli 1919 legten Platzer und Jordan erneut Rekurs ein,
leugneten weiterhin eine allfällige Verwechslungsmöglichkeit, zumal der
Weltruf der "WW" sicherlich nicht von dem Vertriebe von Ansichtskarten
herrühre. Obendrein habe ja keine Firma den Ausdruck Werkstätte für sich
gepachtet.

Platzer und Jordan führten noch an, "dass wir unter der gewählten Firma
seit dem Jahresbeginn [1919] nicht bloß auf dem Wiener Platze, sondern
auch im Auslande ein gewisses Renommee errungen haben, dass wir nur bei
Beibehaltung unserer Firma uns wahren und ausbauen können." Kurz darauf
wird der Streit beigelegt: der Firmwortlaut bleibt. Am 29. Juli 1919
wird die Druck- und Verlagsgesellschaft Wiener graphische Werkstätte
unter Register C, Band 32, Pagina 91 ins Wiener Handelsregister eingetragen.

Im Mai 1919 kommt ein neuer Gesellschafter und Geschäftsführer, Franz
Rosenberg, in die Firma, und das Kapital wird auf fast eine halbe
Million Kronen erhöht. Rosenberg verkauft im Oktober 1919 seinen
Geschäftsanteil an Adolf Platzer und verlässt "wegen vorgefallenen
Unstimmigkeiten" das Unternehmen. Neu aufgenommen als Gesellschafter
werden der Buchhalter Gustav Kadletz und Karl Bauer. Die Gehälter der
Geschäftsführer werden rückwirkend ab 1.9.1919 auf K 2.500 erhöht. Im
März 1920 werden bei der Generalversammlung Friedrich Neurath und Hans
Wödl zu Prokuristen bestellt. Zur gleichen Zeit scheiden die bisherigen
Gesellschafter Kadletz und Schmidl aus dem Unternehmen aus.

Das kurze Leben des Verlagsunternehmens lässt sich z.t. auf personelle
Streitigkeiten zurückführen, denn einer der Gründer, der Drucker Hans
Jordan, scheidet schon im Dezember 1920 aus dem Geschäftsverhältnis aus
und tritt seinen Geschäftsanteil an Compagnon Platzer ab. Auch der
Geschäftserfolg bzw. -misserfolg mag dazu beigetragen haben, denn die
Firma schloss die Geschäftsjahre 1919 und 1920 mit beträchtlichen
Verlusten ab, und diese Schulden mögen zu den Schritten, die anlässlich
einer a.o. Generalversammlung am 22. März 1921 in den
Geschäftslokalitäten der "Elbemühl" in Wien, getätigt wurden, Anlass
gegeben haben. Der Gründer, Geschäftsführer und kommerzielle Leiter
Adolf Platzer, der zu diesem Zeitpunkt durch Abtretungen und
Anteilserhöhungen bereits 91% des Firmenkapitals von ca. 1,6 Millionen
Kronen besaß, entschloss sich, sämtliche Geschäftsanteile an den Wiener
Großindustriellen Rudolf Thorn, seines Zeichens auch Vorstands- und
Verwaltungsratsmitglied des Elbemühl-Konzerns, zu übertragen. Als
Gegenleistung erhielt Platzer nicht einen Barbetrag, sondern Aktien der
"Gesellschaft für graphische Industrie" die - ebenfalls Richard Kola
gehörend - einige Jahre später mit der "Elbemühl" fusioniert wurde.
Somit wurde der Verlag der Wiener graphischen Werkstätte in den
Kola-Konzern aufgenommen, einen Vertikalkonzern, dessen Geschäftsbereich
von Schnittholz über Papier und Zeitungen bis zum fertigen Buch reichte.
Gleichzeitig beschloss die Versammlung, den 26jährigen Rudolf Rosenbaum,
Direktor der Gesellschaft für graphische Industrie in Wien, als neuen
Geschäftsführer zu bestellen. Die entsprechende Eintragung ins Wiener
Handelsregister erfolgte am 12.4.1921. Diese Übernahme war zugleich der
Anfang vom Ende für den Verlag der Wiener graphischen Werkstätte.

Auf Grund des personellen Nahverhältnisses ist es nicht weiter
verwunderlich, dass ab 1921 so gut wie alle Veröffentlichungen des
"Verlags der Wiener graphischen Werkstätte" bei der Offizin der
Waldheim-Eberle A.G., Wien, gedruckt wurden. So trugen manche
Publikationen - etwa A.M. Renners Sulamith. Ein Roman in Gefühlen - auf
der Titelseite bzw. auf dem Umschlag nicht nur unterschiedliche
Untertitel, sondern auch verschiedene Angaben über den Erscheinungsort
innen also: "Verlag der Wiener graphischen Werkstätte", außen am
Einband: "Waldheim-Verlag, Wien-Leipzig".

Die neue personelle Zusammensetzung des "Verlags der Wiener graphischen
Werkstätte" blieb zumindest auf dem geduldigen Papier bis zur amtlichen
Auflösung der Firma am 1.1.1929 (eingetragen: 22. 1.1929) wegen
Nichtanmeldung der sogenannten Golderöffnungsbilanz gleich. Gelöscht
wurde die Gesellschaft am 28. Jänner 1930. Wie immer aber täuschen diese
behördlichen Daten und sagen so gut wie gar nichts über die Zeitspanne
der Verlagstätigkeit aus. In Wirklichkeit war der Verlag von 1920 bis
einschließlich 1923 im Geschäft. Innerhalb dieser vier Jahre aber hat
der Verlag viele der künstlerisch schönsten und reizvollsten Bücher der
Zwischenkriegszeit in Österreich produziert.

Die Produktion

Erste Nachricht von der Entstehung dieses neuen Verlags konnte man am
24. April 1920 in der Wiener Mittags-Zeitung erhalten:

Die Druck- und Verlagsgesellschaft, Wiener Graphische Werkstätte'
Ges.m.b.H. unter der kommerziellen Leitung des Direktors Adolf Platzer,
die in der kurzen Zeit ihres Bestandes auf dem Gebiete der Druckkunst
künstlerisch bahnbrechend gewirkt hat, geht nun daran, dem Unternehmen
einen Buch- und Kunstverlag anzugliedern. In Kürze werden bereits die
ersten Werke erscheinen, unter welchen Egon Friedell mit einem
Altenberg-Buch vertreten sein wird, Franz Theodor Csokor mit einem
Novellenband, u.a.m. Bei allen Erscheinungen wird strenge darauf
gesehen, dass das Thematische des Stoffes mit der Formvollendung der
künstlerisch-technischen Ausstattung in adäquatem Zusammenhange steht.
Mit heimatlichen Geldmitteln, auch für bisher nicht heimatliche
Großzügigkeit hinreichend fundiert, will der Verlag der geistigen
Auswanderung einen beachtenswerten Damm entgegensetzen. Die literarische
Leitung liegt in den Händen des jungen Wiener Schriftstellers Fritz
Karpfen, die künstlerische Leitung bei Prof. Bernhard Steiner inne.

Dass bei zwei Verlagen - dem Verlag der Wiener graphischen Werkstätte
und dem Verlag Frisch & Co. - etwa zur gleichen Zeit junge
Schriftsteller, knapp über 20 Jahre alt, mit der literarischen Leitung
von neugegründeten Unternehmen betraut wurden, muss man als Signal der
jungen Generation in der neuen Republik bewerten. Fritz Karpfen, der am
21.2.1897 in Wien geboren wurde, hatte mit 21 Jahren in seinem ersten
Werk Literarisches Verbrecheralbum mit der älteren Generation der
begeisterten Kriegslyriker abgerechnet und auch einen Gedichtband - Ich
rufe Klage - im Verlag des "Ver!" erscheinen lassen. Bernhard (Bernd)
Steiner am 20.4.1884 in Mistelbach, N.Ö. geboren - trat vor allem als
Plakatkünstler in Erscheinung, betätigte sich im buchkünstlerischen
Bereich u.a. für den Ilf-Verlag und betrieb nach der Episode mit dem
Verlag der Wiener graphischen Werkstätte in Wien die "Werbe-Werkstätte
Bernd Steiner". In den späteren 20er Jahren machte Steiner in
Deutschland Karriere, als er etwa für den Norddeutschen Lloyd
charakteristische Schifffahrtsplakate schuf und nebenbei als
künstlerischer Leiter des Bremer Stadttheaters arbeitete. Steiner, der
relativ jung am 10. 12. 1933 in Wien starb, übernahm persönlich die
künstlerische Ausstattung einiger Reihen im Verlag der Wiener
graphischen Werkstätte.

Der Verlag gab fünf Publikationsreihen heraus, die ihr "Plansoll" leider
nicht erfüllten und die zahlenmäßig etwa ein Drittel der
Gesamtproduktion von ca. 56 Titeln ausmachten.

1. Die Novellenbücher der Wegewe/Begonnen im Jahre
Neunzehnhundertzwanzig brachten es bloß auf drei Werke junger
österreichischer Autoren der um bzw. kurz nach 1880 geborenen
Generation. In dieser kurzlebigen Reihe mit kleinformatigen Werken waren
folgende Autoren vertreten: Hans Steiger (Jg. 1889) mit König Augenblick
und andere Skizzen, Karl F. Kocmata (Jg. 1890) mit Anny Rober. Eine
Wiener Mädelgeschichte und Friedrich Wallisch (Jg. 1890) mit Der rote
Bart. Ein 4. Band von Franz Theodor Csokor zwischen Zwanzig und Dreißig
mit Buchschmuck von Carry Hauser ist zwar mehrmals angekündigt worden,
aber nie erschienen. Für Satzordnung und Buchschmuck jedes dieser in
Reclamheft-Format aufgelegten reizenden Bändchen zeichnete Bernd Steiner
verantwortlich. Dieser schuf jeweils das außerordentlich hübsch
gestaltete Vorsatzpapier. Die Werke erschienen in einer Auflage von je
3.000 Exemplaren, wobei auch eine auf 50 Ex. beschränkte, nummerierte
und vom Dichter signierte Liebhaberausgabe hergestellt wurde.

Themen der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden in zwei weiteren Reihen
besonderes Augenmerk gewidmet. Sozialpolitisches Engagement kommt etwa
in der Reihe

2. Die Bücher des Gewissens zum Ausdruck. Es erschienen drei Werke. Im
Jahre 1920 z.B. war der junge linksengagierte Autor Bruno Frei (Jg.
1897) vom Verlag - vermutlich von Fritz Karpfen - aufgefordert worden,
eine Anzahl von Elendsschilderungen und Elendsbildern aus Wien in ein
Buch zusammenzufassen:

Der Verlag ließ sich hierbei von der Überzeugung leiten, dass es keine
dringendere Aufklärungsarbeit gibt, als die Aufklärung über die
Ausbreitung, Verursachung und - wenn es so etwas gibt - Linderung der
fürchterlichen sozialen Not der unbemittelten Schichten. Der Verlag
glaubte eine Aufgabe der Zeit zu erfüllen, wenn er ein Buch zum Druck
beförderte, das sich zum unbescheidenen Ziel setzt, das Gewissen der
Reichen wachzurütteln und die Hoffnung der Massen neu zu beleben. (Aus
dem Vorwort vom September 1920)

Ganz außergewöhnlich für diese Zeit war dieses 1921 auf den Markt
gekommene, 124 Seiten starke Buch insofern, als es mit Dutzenden
photographischen Aufnahmen des Wiener Elends ausgestattet wurde. Autor
des zweiten Bands dieser Reihe war der sozialpolitisch engagierte, heute
mehr oder weniger vergessene Autor und prominente Gegner des
Mutterschaftszwangs Johann Ferch (1879-1954. Das Werk heißt: Der Umsturz
der Ehe. Eine radikale Studie. Wegen Papiernot war die Auflage, wie der
Verlag den Buchhändlern mitteilte, beschränkt. Das dritte erschienene
Werk stammt von Bernhard Boyneburg und heißt Despotie der Mittel. Wie
bei den Novellenbüchern kamen auch in einer dritten Reihe junge Autoren
zu Wort.

3. Die Bücher der Zeit 1920 erschienen drei Bände mit Werken von zwei
jungen Österreichern, so z.B. Die Wiedergeburt in Kain. Drei
Revolutionsakte von Carl Julius Haidvogel (Jg. 1891) und Auferstehung.
Eine dramatische Legende von Friedl Schreyvogl (Jg. 1899). Ein weiterer
junger Autor stand mit dem neugegründeten Verlag in loser Verbindung,
nämlich Franz Theodor Csokor. In dieser Reihe hätte von ihm das Werk
Gedanken zum Gegenwartsdrama. Anhang: Der Expressionismus als
Regieproblem mit zwölf graphischen Erläuterungen und zahlreichen
Szenenbildern erscheinen sollen. Statt dessen erschien in dieser Reihe
Csokors Übersetzung Die Kulissen der Seele. Monodrama von Nikolaj
Nikolajewitsch Evreinoff im Jahre 1920. Die auffällige Einbandzeichnung
(Dreifarbenlithographie) stammt von Bernd Steiner. Eine zweite Auflage
von Csokors in 1. Auflage beim Deutsch-Österreichischen Verlag
erschienenem Gedichtband Der Dolch und die Wunde kam 1920 mit
Umschlagzeichnungen von Carry Hauser heraus.

4. Phalanx. Bibliothek für die Internationale des Geistes die vierte
Publikationsreihe im Verlag der Wiener graphischen Werkstätte wurde vom
Verlags-angestellten Josef Kalmer (1898-1959) betreut, herausgegeben und
gelegentlich übersetzt. Die "Bücher des Phalanx" waren "eine
Zusammenfassung der Kämpfer für die Internationale des Geistes. Dichter,
Politiker der neuen Weltidee werden in dieser Bücherei zu Wort kommen."
Von den vierzehn im Jahre 1920 angekündigten Werken konnten bloß drei
tatsächlich erscheinen:

Maxim Gorki, Die silbernen Schließen. Ins Deutsche übertragen von Josef
Kalmer. Mit einem Nachwort von Boris Suwarin und fünf
Originallithographien von M. Fischer. 1920.

Leo N. Tolstoi, Die Friedenskonferenz. Ins Deutsche übertragen und mit
einem Nachwort versehen von Josef Kalmer. 1920. (Umschlagzeichnung von
G. Marisch)

Georg Fr. Nicolai, Aufruf an die Europäer. Gesammelte Aufsätze zum
Wiederaufbau Europas. Hrsg. und eingeleitet von Dr. Hans Wehberg. 1921.

5. Irgendwo und Irgendwann. Märchen aus allen Ländern Der Verlag der
Wiener graphischen Werkstätte versuchte auch das "schöne" Buch für ein
jüngeres Lesepublikum zu pflegen. So entstand 1922 der Plan, eine
12bändige Reihe von Märchen aus allen Ländern in gediegener Ausstattung
herauszugeben. Es erschienen aber lediglich sieben der zwölf Bände, für
die Arthur Stadler die farbige Schutzhülle und buntgezeichnetes in jedem
Band verschiedenes Vorsatzpapier kreierte. Gedruckt wurde jeweils in der
Offizin der Waldheim-Eberle A.G. in Wien. Besondere Ausstattung und der
Preis lassen darauf schließen, dass jugendliche Käufer kaum die
Zielgruppe gewesen sein kann. Es erschienen deutsche, norwegische,
dänische, französische, griechische, albanische, ukrainische Märchen,
während vlämische (Band 5), englisch-irische (Band 6), italienische
(Band 8), schwedische (Band 4), und russische (Band 11) nicht erscheinen
konnten. Die Illustrationen wurden von Franz Wacik (Band 1 und 3),
Arthur Stadler (Band 2) und Axl (Albert) Leskoschek (Band 7, 9, 10, 12
sowie der nicht erschienene Band 4) gefertigt. Nach 1923, als der Verlag
aufhörte, Bücher zu produzieren, ging die unvollständige Reihe an den
auf Kinderbücher spezialisierten Wiener "Sesam-Verlag" über, der die
Reihe unter dem Titel Sesam-Volksbücher vertrieb.

Gemäß dem Vorsatz, der geistigen Auswanderung einen Damm
entgegenzusetzen, bestand die restliche Verlagsproduktion nahezu
ausschließlich, d.h. mit Ausnahme von allfälligen Übersetzungen aus dem
Englischen bzw. Russischen, aus Werken großteils jüngerer
österreichischer Autoren. Die Palette reicht von Romanen über
Kurzgeschichten, Essays und Skizzen zu Lyrik, Schauspiel und
Kunstgeschichte. Von Egon Friedell erschienen die Werke Steinbruch.
Vermischte Meinungen und Sprüche (1922) und Das Altenbergbuch (1922),
von Fritz Karpfen herausgegeben Das Egon Schiele-Buch (1921), von Alfred
Grünewald insgesamt vier Werke, und zwar: Pavor nocturnus. Fünf Einakter
(1921), Mutter. Ein Requiem (1920), Die Streiche des Herrn Sassaparilla
(Holzschnitte, Initialen und Titelzeichnung von A. Leskoschek) (1922),
Ergebnisse (1921). Weiters erschienen Max Hayeks Studie über den
Graphologen Raphael Schermann - Das Geheimnis der Schrift (1923), seine
Übersetzungen von Walt Whitman - Gesang von mir selbst (1920), Prentice
Mulfords Der unendliche Geist des Guten. Essays (1922) und William E.
Bartons Die Parabeln des weißen Safed (1922). Von Friedrich Wallisch und
Friedl Schreyvogl erschienen die Romane Genius Lump (1922) bzw. Der
Antichrist (1921). Humoristisches von Alexander Max Vallas[5] erschien
1920 unter dem Titel Wie ich seziert wurde und Juristisches von RA Dr.
Walter Rode Justiz, Justizleute und Anderes (1921). 1920 erschien das
Werk Spuk. Drei phantastische Geschichten. (Mit vier
Schwarzweiß-Zeichnungen von Arthur Paunzen) von Herbert Barber und 1921
ein Werk von Arthur Stadler - Masken. Schauspielerbildnisse. 1922
erschien ein Werk von Erich Singer, das bald in die "Giftschränke"
öffentlicher Bibliotheken wanderte und spätestens 1933 in Deutschland
verboten war: Die rote Laterne. Die schönsten Bordellgeschichten der
Weltliteratur (Zeichnungen und Umschlag von Arthur Stadler). Im selben
Jahr gab Anton Kuh eine Auswahl der Schriften Ludwig Börnes u.d.T. Börne
der Zeitgenosse heraus. Ein weiteres Werk, das 1920 herauskam, fällt
etwas aus dem Verlagskonzept heraus, und zwar Heinrich Wertheimers Das
Verjüngungsproblem. Im Lichte der Steinachschen Entdeckungen.
Volkstümlich dargestellt. Der Verlag der Wiener graphischen Werkstätte
veranstaltete 1922 einen bibliophilen Druck von Goethes Natur, für den
Sascha Kronburg, Gattin des Verlagsmitarbeiters Max Hayek, die Rahmen
zeichnete. Die Auflage war auf 330 signierte Exemplare beschränkt. Zu
erwähnen wären nur noch L.W. Rochowanskis Abend-Morgen-Mittag aus dem
Jahre 1920 sowie A.M. Renners Sulamith. Ein Roman in Gefühlen (Mit acht
Steinzeichnungen von Axl Leskoschek).

Wie im Fall der meisten Autoren gehörten auch die meisten Künstler, die
dem Verlag Buchschmuck, Umschlagzeichnungen usw. lieferten, der jüngeren
Generation an: Carry Hauser (Jg. 1895), Sascha Kronburg (Jg. 1893), M.
Fischer, Bernd Steiner (1884-1933), Gustav Marisch (Jg. 1887), Franz
Plachy, Arthur Stadler (1892-1937), Arthur Paunzen (Jg. 1890), Axl
Leskoschek (1889-1976), Hans Neumann (Jg. 1888), Franz Wacik
(1883-1938), Viktor Leyrer und Franz Wimmer.

Auch gebrauchte der Verlag eine Reihe von verschiedenen Signets. Von den
fünf nachgewiesenen Beispielen dürfte eines vom Mitbegründer Hans Jordan
stammen. Dies ist das allererste beherrschende Signet, das eine sitzende
weibliche Figur im Dekolletékleid mit glockenartigem Unterteil
darstellt. Auf ihrem hochgezogenen Haarschopf sind die Großbuchstaben W
G W plakativ aufgedruckt. In der Hand hält sie eine Blume, auf der eine
weitere nackte weibliche Figur aufragt. Auch hat das Motiv einer über
Berggipfel aufgehenden Sonne Verwendung gefunden. In einem Werk wurde
das Kapitell einer Karyatide mit den Buchstaben W G W darüber als
Verlagssignet benützt. Schließlich hat der Verlag einfach die doppelt
gezogenen Buchstaben W W mit dem Buchstaben G dazwischen leicht nach
unten versetzt verwendet und dasselbe Muster mit verschnörkelter Schrift.

Wenn der Verlag der Wiener graphischen Werkstätte nicht so früh in die
Einflusssphäre des Rikola-Konzerns geraten wäre, hätte er sicherlich dem
einen oder anderen heimischen Autor eine bleibende Heimstätte geboten,
aber gerade die großen Konzerne, die in finanzielle Schwierigkeiten
gerieten, konnten dies nicht tun. Der Verlag der Wiener graphischen
Werkstätte bleibt einer der interessantesten Versuche der jungen
Republik, die heimische Literatur zu repatriieren bzw. zu fördern und
die buchkünstlerische Gestaltung besonders zu pflegen.